[ Jetzt online: https://inside-hablik.virtual-spaces.de/ ]
Ab 1917 entwickelte sich in der Itzehoer Talstraße ein ganz besonderes Künstlerhaus. Aus der Überzeugung heraus, dass künstlerische Qualität für die Ausgestaltung aller Lebensbereiche Geltung habe, gestaltete Wenzel Hablik (1881-1934) zusammen mit seiner Frau Elisabeth Lindemann (1879-1960) das eigene Wohn- und Atelierhaus. Heute ist das Hablik-Haus in Itzehoe ein Ort voller einzigartiger Gegenstände, die alle ihre besondere Geschichte haben. Hier tauchen wir ein, denn nicht nur die offensichtlich beeindruckenden Werke des Künstlers sondern auch Möbelstücke, Lampen und andere Wohn-Accessoires haben etwas zu erzählen. Wir suchen in seinem ehemaligen Wohnhaus in der Talstraße nach Spuren von Besonderheiten aus dem Leben des Künstlers. Wir schreiben mit diesem Medien- und Kunstprojekt den Soundtrack zum Zauber- und Märchenhaus Nr. 14 in der Talstraße.
Unser aktuelles Kultur- und Medienprojekt in der Stadt nennt sich in der Kopfzeile „Kulturraum Itzehoe“. Seine konkrete Umsetzung im ersten Schritt ist „Inside Hablik“ betitelt und nimmt nahezu ein ganzes Jahr in Anspruch. Digitalisiert werden die Innenräume des Künstlerhauses Wenzel Habliks in der Talstraße 14, deren 360-Grad-Ansichten Geschichten aus dem Leben des Künstlers in Itzehoe erzählen. Hierfür wird ein „virtueller Raum“ erstellt, durch den die Besucher mit der Computermaus navigieren können und an besonderen Gegenständen innehalten. Hinter diesen aktiven Punkten öffnen sich verschiedene Fenster mit Darstellungen und Geschichten zu den einzelnen Gegenständen: z.B. seltene maritime Bilder oder der Toilettenstuhl des Hauses oder seltsame Momente aus dem Leben des Künstlers wie z.B. zum Dresscode der Itzehoer Society von damals oder zu seiner Schiffspassage nach Helgoland - alles authentische Ereignisse, wohinter sich größtenteils Amüsantes und immer Überraschendes verbirgt. Das Projekt „Inside Hablik“ sammelt Narrative zum Zauber- und Märchenhaus in der Talstraße und eröffnet geschärfte Perspektiven auf ein Künstlerleben.
Das künstlerische Storytelling und die dazugehörenden Vorlagen sind in ihrer Darbietung neu, meistenteils komisch und besonders schon deswegen, weil sie in kurzen Sequenzen (ca. 90 Sekunden) von Künstlerinnen und Künstlern mit Bezug zu Itzehoe und Umgebung performt werden. Das gab es in dieser Form noch nie. Gemeinsam mit den Projektakteuren wählen wir Original-Objekte im Haus aus und (re)konstruieren die dazugehörende Geschichte. Zu jedem ausgewählten Gegenstand bzw. zu jeder Geschichte werden regionale Künstler*innen aus allen Genres etwas beitragen. Und die Genres sind sehr weit gefasst, versprochen. Der Phantasie sind keine Grenzen n gesetzt. Alles ist möglich. Unsere Anfragen an die Künstler*innen wurden so zahlreich positiv beantwortet, dass wir mit dem zur Verfügung gestellten Material etliche weitere Projekte füllen können. Der Soundtrack wird fortgeschrieben, das ist sicher, sein Prinzip künftig übersetzt auf weitere Kulturräume unserer Stadt, wenn es dann heißen könnte „Inside Fehrs“ oder „Inside Alsen“ usw. Was uns daran besonders freut, ist die Aufgeschlossenheit der Itzehoer Bürgerinnen und Bürger. Sie sind stets offen, wenn es um kreative Projekt-Beteiligung und Mitwirkung an der Gestaltung ihrer Stadt geht. Itzehoes Stadtgesellschaft ist besonders aktiv beim Verfassen des Soundtracks unserer Stadt. Und ja, wir alle zusammen treffen uns in diesem Projekt-Format absolut auf der Höhe der Zeit: Unsere Welt ist reicher, umfangreicher, gestaltbarer, auch beherrschbarer geworden durch die Anwendung digitaler Instrumente. Ergebnisse und Entwicklungen von „Inside Hablik“ werden auf unserer WebSite veröffentlicht – ebenso die interaktive Plattform hierzu.
Geholfen haben uns die lebendigen Erinnerungen unserer Zeitzeugin Ilse Dijkstra (95) aus Itzehoe – sie verbrachte ihre Kindheit in der Talstraße und war gern gesehener Gast der Hablik-Familie. Dazu folgen wir den Original-Erzählungen der zweiten Hablik-Tochter Sibylle und schöpfen Geschichtliches aus dem Sammelband „Der Kunstwart“ von 1909. Gründer dieser Zeitschrift war der Literat und Verleger Ferdinand Avenarius (1856-1923). Auf Einladung von Avenarius wirkte Hablik 1907 zwei Monate in Kampen auf Sylt. Nach der Schiffspassage nach Helgoland kam es auf der Insel zu ersten Begegnungen zwischen Hablik und seinem späteren Itzehoer Mäzen Richard Biel und dem Landtagsabgeordneten Otto Lindemann, Habliks künftigem Schwiegervater.
Jetzt geht’s rasant voran. InsideHablik entwickelt sich zum ultimativen Ideen-Verbraucher. Unsere Projektfrau Carina hat alle Hände voll zu tun. Ohne die grandiose Beteiligung aller Akteure nicht umsetzbar - wunderbar: Mit „InsideHablik“ spüren wir in einem umfassenden 360°-Szenario des Künstlerhauses in der Talstraße dem Schaffen aber auch dem Familienleben dieses besonderen und sonderbaren Künstlers Wenzel Hablik in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach. Es handelt sich dabei nicht etwa um museale Rundgänge, dafür haben wir die Profis im Wenzel-Hablik-Museum. Vielmehr entstehen durch die Phantasien der Akteure bisher noch nicht gekannte Narrative zu einem Künstlerleben.
Ein riesiges Danke schonmal an dieser Stelle für die tolle Mitwirkung. Hinterlegt sind kurze Performances von Itzehoer und Norddeutschen Künstlern, die mit ihrem Vortrag Habliks Eigenarten verstärken oder kontrastieren. Lasst euch überraschen! Wir treffen viele bekannte Kreativköpfe unserer Stadt wieder. Neugierig? Am Ball bleiben hier. Ende September dann die Präsentation des Gesamtkunstwerks.
Mit freundlicher Unterstützung aus dem Förderprogramm "Neustart Kultur" der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Bundesverband Soziokultur e.V.
Das partizipative Kunst- und Medienprojekt InsideHablik öffnet Türen in die künstlerische aber auch private Welt des Künstlers Wenzel Hablik in seinem Haus in Itzehoes Talstr. 14. Auf dem virtuellen Rundgang durch das Haus markieren zahlreiche Objekte den Tür-Öffner, indem wir hinter die Kulissen schauen und die Geschichten dahinter erzählen. Hieran beteiligen sich 13 Künstler:innen unserer norddeutschen Region. Sie verleihen assoziativ Facetten Wenzel Habliks einen ganz persönlichen künstlerischen Ausdruck von heute – ein Blick mit den Augen von heute auf die häusliche Welt von damals. Bevor wir das interaktive Projekt der Öffentlichkeit vollständig vorstellen, hier schon mal ein kleiner Einblick in die Vielfältigkeit der Beteiligungen:
OpenArea aus Altona (2022) Tanzkostüm, Wenzel Hablik (1920)
Dass im Hause Hablik kreativ gearbeitet wurde und Vergnügliches stattfand, kleinere und bedeutsamere gesellschaftliche Ereignisse, sogar kleine Kunstfeste aus dem Kunstverein In Altona, davon erzählen viele Geschichten. So zeugen noch Spuren im Linoleum-Fußboden der Villa in der Talstraße von den feurig-wilden Auftritten der Ausdrucktänzerinnen wie Mary Wigman– den Highlights der 20-er Jahre. Welche Tänzerinnen Hablik wohl heute eingeladen hätte, bleibt Spekulation, aber gibt auch Raum für eigene Ideen. Im Blauen Salon setzen sich Mitglieder der Companie OpenArea aus Ottensen in Altona für unser Projekt InsideHablik ausdrucksstark in Szene.
Will der Privatmensch Hablik entdeckt werden, finden sich viele Episoden aus seinem Leben, die ihn amüsant, träumerisch oder auch spinnert und eigenwillig und ein wenig schrullig erleben lassen. Aus Sicht seiner Tochter Sibylle aber immer ein liebenswerter und beliebter Zeitgenosse für Stadtgesellschaft und Familie. In einer Szene mit einem Handwerker erleben wir ihn - ganz typisch - auch besserwisserisch und charmant bevormundend. Im Zweifelsfall hilft sich Wenzel Hablik eben selbst. Wir haben diese Szene aufgegriffen und nachgespielt, wie sie sich zugetragen haben könnte – von Mitgliedern der Itzehoer Speeldeel mit viel Vergnügen szenisch eingesprochen.
Und auch die Musik kam nicht zu kurz bei den Habliks. Ein Freund, der österreichische Pianist und Komponist Josef Pembaur, gab Hauskonzerte in der Künstlervilla und erfreute das illustre Publikum mit klassischen Klängen. Kleine Ensembles ergänzten das musikalische Spektrum, doch was im Einzelnen geboten wurde, bleibt auch hier im deutungsfreien Raum. Habliks Interesse an Utopien und dem Streben nach freier Entfaltung des kreativen Geistes lassen hier Ideen wachsen, die unseren Zeitgeist repräsentieren und ihren eigenen Weg zum Künstlerhaus einschlagen. Vier Instrumentalistinnen aus dem Orchester St. Laurentii mit Annette von Ekesparre (Vl 1), Britta Trede (Vl 2), Dörthe Landmesser (Vla) und Sally Haverkamp (Vc) beteiligen sich mit einem Beitrag aus Corellis Concerto grosso g-Moll op. 6 Nr.8.
Jeder Freigeist braucht sein Refugium, heraus aus den bürgerlichen Zwängen des Alltags. Habliks kleine Fluchten könnten die Tage in der Steinschleiferei gewesen sein, getrennt von Atelier und Familie. So auch die Interpretation des Videobeitrags zur Steinschleiferei. Kristalle in ihren unendlich vielfältigen Farben und Formen inspirierten Hablik zu architektonischen Entwürfen, aber auch zur handwerklichen Bearbeitung. Um präziser und mit ruhiger Hand arbeiten zu können, baute er sich einen Spezialstuhl, schmal in der Sitzfläche und mit Ausbuchtungen für die Beine, für die Hände auf der Rückenlehne zum Abstützen, also rückwärts sitzend. Sein Originalstuhl ist noch erhalten und zeugt von seinem Einfallsreichtum im Praktischen. Sein körperlich-künstlerischer Ausbruch in die Steinschleiferei und die anschließende Rückkehr unters bürgerliche Dach fängt das Video ein – rough und heavy wie in Wacken, ein wilder Rausch, hier mit lieblichem Ende und hübschen Edelsteinen.
„Graupelschauer“ ist der musikalische Beitrag, produziert von Hofmüller. Es handelt sich um eine künstlerisch-spielerische Auslegung.
Einen wertvollen Beitrag für „seine“ Stadt Itzehoe leistete Wenzel Hablik, als er nach dem ersten Weltkrieg die Scheine für das Notgeld des Kreises Steinburg entwarf. Verspielte Typographie, regionale Bezüge und kreative Texte zierten die Geldscheine. Hier wurde er nicht nur grafisch sehr kreativ, sondern assoziierte die „Not“ auch mit der, die jeder Mensch kennt. „Not kennt kein Gebot“. Sowohl in sozialen und wirtschaftlichen Krisen als auch beim menschlichen Stoffwechsel.
Bernd Muß WannaDo
Der Tattoo-Künstler Bernd Muß ließ sich von den skurrilen Formen der Verzierungen auf den Geldscheinen inspirieren und stellt uns seinen ganz speziellen Blick in einem Beitrag vor. Die Formen und Linien-Verzierungen der Geld-Noten regen zu Entwürfen von Tattoos an. Exklusiv für unser Projekt InsideHablik hat er dieses grandiose WannaDo entworfen - das ist eine Vorlage für Spontane und Unentschlossene. Vielleicht wird es auf einer den anstehenden Tattoo-Conventions gestochen.
Auf Einladung des Verlegers und Literaten Ferdinand Avenarius verbrachte Hablik 1907 mehrere Monate in Kampen auf Sylt, wo er sich vor allem mit Meer-Studien beschäftigte. Im virtuellen Rundgang durch das Künstlerhaus in der Talstraße markieren wir auch hierzu eine interaktive Zäsur. Überwältigt von den Naturgewalten schreibt der aus Böhmen stammende Hablik in einer stürmischen Augustnacht 1908 in sein Tagebuch:
„Eben ein Meerbild begonnen. Vom Sturm gepeitschte, ungeheure Wogen, wie ich sie nie gesehen – wohl aber die gleiche Gewalt trage ich in mir. Ich habe lange gesucht, der furchtbaren Kraft, die in letzter Zeit meine Brust erfüllte, Gestalt zu geben. Durch die Befreiung, die mir heute geworden […] brach‘s endlich los mit ungeheurer Gewalt. So stark, daß kein Werkzeug mir genügte, die Farbe aufzutragen, und ich einfach mit der ganzen Hand in die Farbe griff, wie ich sie aus der Tube gepreßt, um sie auf die Leinwand zu schmieren.“
Als wir Anfang des Jahres mit der Ausarbeitung unserer von Neustart Kultur, BKM und Bundesverband Soziokultur geförderten Projekte der Medienpädgogik begannen, ahnten wir noch nicht, wo das enden sollte. Es ging um interaktive Methoden in der Projektarbeit zur digitalen Medienkunst. Soweit klar. Die erste Zeit wurde voll in Anspruch genommen von der Grundlagenvermittlung zur Gestaltung von Medienprodukten wie Radiosendungen, Social-Media-Beiträgen oder der Anwendung von Messenger-Diensten. Telefonieren war gestern, dafür stehen SnapChat, CapCut und Co ganz oben im Kurs. Die Akteure: Kiddies tatsächlich aller Jahrgänge von 5-10 plus dazugehörende Lehrer:innen plus gesondert 2 x 8 Lehrerinnen im Fortbildungsmodus aus Schleswig-Holstein. Für uns alle eine Zeit voll spannender Abenteuer, befeuert durch wackelige Gehversuche auf dem Parcours des Digitalen. Dann der Break. Ein Kulturprojekt mit Bürgerbeteiligung war jetzt der Ansatz – ein virtueller Rundgang durch ein interessantes, für Itzehoe wichtiges Gebäude die Methode, das Künstlerhaus Wenzel Habliks das Thema für den ersten Aufschlag eines Kulturraums Itzehoe. Der Blick nach innen, hinter die Kulissen war der Weg, der zu InsideHablik führte. So könnte die strukturelle Arbeit der ersten Hälfte der Projektlaufzeit münden in einem vielschichtigen großen Kulturprojekt für die Stadt. Sozusagen das Meisterstück nach absolvierter Gesellenprüfung. Dabei sollten sich alle Details auf der Suche nach dem Besonderen, dem oft noch Unbekannten erst im Laufe dieser Projektphase erschließen. Eines aber war sehr schnell entwickelt – die Bürgerbeteiligung über die Einbindung lokaler Künstler:innen aus der Region in einem virtuellen Kunstraum. Die Bereitschaft, einen eigenen kulturellen Beitrag zu einem Thema aus Habliks Leben vorzubereiten, war auf allen Seiten von Anfang an sehr hoch. Künstler:innen aller Genres aus Itzehoe, der Peripherie und von Ehemaligen fanden es eine ehrenwerte Aufgabe, die Motivation war überragend, so dass die Akteure einige sehr spannende und fruchtbare Wochen mit der Herstellung und Einbindung der künstlerischen Beiträge verbrachten. Musik, Poesie, Tanz, Theater, Kochkunst, Storytelling, Tattoo-Kunst und nochmal Musik – das Hablik-Haus in der Talstraße war wochenlang der ehrfurchtsvoll und inspirierend genutzte Rahmen für die Kreativen. Gefüllt wurde letztlich ein virtueller Kunst- und Kulturraum mit Mitteln digitaler Transformation, wie wir es Anfang des Jahres nicht erwarten konnten. Wir sind überzeugt, dass in Anwendung digitaler Techniken mit InsideHablik etwas wirklich Neues, etwas Großes entstanden ist – ein interaktiv funktionierender virtueller Erlebnisraum für die Kunst. Unser besonderer Dank gilt allen Akteuren, Katharina Gräber vom Wenzel Hablik Museum für die geduldige wie kompetente Beratung und Kirsten Puymann für die freundliche Unterstützung aus dem gemeinsamen Stadt- und Kreisarchiv Itzehoe/Steinburg – nicht zu vergessen natürlich unser eloquenter Gastgeber Peter Ott, Eigner des Hablik-Künstlerhauses in der Talstraße 14.
Endlich, InsideHablik ist online – unser partizipatives Projekt der digitalen Medienkunst aus dem K9-KulturBahnhof Viktoria Itzehoe. Wir sind zu Gast bei Künstlern, Utopisten, Zauberern, Tänzern, Sängern, Köchen ... Das interaktive Medien- und Kunstprojekt „Inside Hablik“ gibt im ehemaligen Wohnhaus des Künstlers Einsichten in Besonderheiten aus dem Leben der Habliks. Wir synchronisieren Realität und VirtualReality in interaktiver 360°Anwendung. Ein wichtiger Geschichtsraum in Itzehoe wird digital modelliert in Beteiligung von Gegenwartskünstler:innen aus unserer Region. Ein kollektives Gesamtkunstwerk in Itzehoe, gefördert aus Neustart von BKM, Bundesverband Soziokultur und Land SH. Die öffentliche Veranstaltung/Präsentation u.a. in Teilnahme der KünstlerInnen und Künstler wird in Kürze bekanntgegeben. Das 50-seitige Projektbuch beinhaltet auch einen USB-Stick im Visitenkarten-Format mit einer App, über die auch ohne Internetzugang der virtuell modellierte Kunst- und Erlebnisraum betreten werden kann. Hier noch einmal der Link zur Online-Version: https://inside-hablik.virtual-spaces.de/
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